Nationales Konzept

Definition von Seltenen Krankheiten

Eine seltene Krankheit ist durch eine Prävalenzschwelle definiert, das heisst, durch die Anzahl Patienten, die zu einer bestimmten Zeit von dieser Krankheit betroffen sind. In der Schweiz und der EU gilt eine Krankheit als selten, wenn fünf oder weniger Personen von 10’000 Einwohnern unter einer bestimmten Krankheit leiden. Heute sind weltweit rund 7‘000 bis 8‘000 seltene Erkrankungen bekannt. Die meisten seltenen Krankheiten sind schwer zu diagnostizieren. Insgesamt leiden alleine in Europa schätzungsweise mehr als 30 Millionen Menschen an einer seltenen Krankheit. Das Spektrum an Krankheitsbildern ist gross und umfasst Störungen des Stoffwechsels, des Blut- und Immunsystems oder Erkrankungen bestimmter Gewebe. Die Mehrheit dieser Erkrankungen sind genetisch bedingte Erbkrankheiten. Sie betreffen somit nicht nur die erkrankte Person, sondern auch deren Familienangehörige. Die Mehrzahl der Erkrankungen tritt bereits im Neugeborenen- oder Kindesalter auf.

Charakteristika seltener Krankheiten sind:

  • Seltene Krankheiten treten in der Regel in der Praxis eines Allgemeinmediziners höchstens einmal pro Jahr auf, sind ihm daher nicht vertraut und werden häufig falsch diagnostiziert. Deshalb kann es lange, oft mehrere Jahre, dauern, bis ein Patient die richtige Diagnose erhält, was für die Betroffenen leidvoll und entsprechend kostenintensiv sein kann.
  • Seltene Krankheiten sind oft lebensbedrohlich oder chronisch invalidisierend und bedürfen einer spezifischen Behandlung.
  • Seltene Krankheiten erfordern meist eine anspruchsvolle Diagnose und Behandlung.

 

Herausforderungen

Mit den zunehmenden Fortschritten in der Diagnose von seltenen Krankheiten und der Entwicklung von entsprechenden Therapien kommen auf das Gesundheitswesen neue Herausforderungen zu. Die optimale Betreuung im Einzelfall muss gewährleistet sein. Die Politik ist daher gefordert. Sie muss sicherstellen, dass die Fortschritte in der Medizin für die betroffenen Patientinnen und Patienten gezielt und effizient gefördert und genutzt werden.

 

Ein nationaler Massnahmenplan für die Schweiz

Im November 2010 hat Nationalrätin Ruth Humbel ein Postulat eingereicht. Darin wird der Bundesrat aufgefordert, eine nationale Strategie mit Massnahmenplan zum Thema seltene Krankheiten zu erarbeiten. Der Bundesrat hat das Postulat angenommen und das Bundesamt für Gesundheit damit beauftragt, einen entsprechenden Vorschlag auszuarbeiten.

Das Postulat „Nationale Strategie zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation von Menschen mit seltenen Krankheiten“ von Nationalrätin Ruth Humbel und 40 Mitunterzeichnern fordert:

  • Eine einheitliche Kodierung der Krankheiten (ICD) sowie die Registrierung Betroffener in einer nationalen Datenbank zur Wissenssicherung und -vermittlung über Diagnose, Verlauf und Behandlung seltener Krankheiten;
  • Unterstützung für eine optimale Zusammenarbeit von Fachpersonen, Personen der gesundheitlichen Grundversorgung, Patientenorganisationen und der verantwortlichen Instanzen für die Gesundheitsversorgung;
  • Die Schaffung bzw. Unterstützung nationaler Kompetenzzentren;
  • Die Zusammenarbeit mit europäischen und internationalen Referenzzentren und Netzwerken;
  • Einen rechtsgleichen Zugang zu Diagnostik und wirksamen Therapien;
  • Die Priorisierung seltener Krankheiten in der Grundlagen- und klinischen Forschung.

Am 15.Oktober 2014 verabschiedete der Bundesrat das nationale Konzept Seltene Krankheiten mit dem Ziel, betroffenen Patientinnen und Patienten in der ganzen Schweiz qualitativ hochstehende Behandlungen zu sichern.

Das Konzept umfasst 19 Massnahmen, die in 7 Kategorien eingeteilt sind. Das Hauptelement ist die Errichtung von Referenzzentren für Krankheiten oder Krankheitsgruppen, die den Patientinnen und Patienten während des ganzen Krankheitsverlaufs den Zugang zu qualitativ hochstehenden Therapien garantieren sollen. Besondere Aufmerksamkeit wurde dabei dem Übergang vom Kinderalter zum Erwachsenenalter gewidmet. Den Fachleuten und dem Gesundheitspersonal wird die Möglichkeit geboten, Weiterbildungskurse zu besuchen. Das Konzept sieht unter anderem die Rolle eines Koordinators in den Kantonen und in den Spitälern vor, die insbesondere die Aufgabe haben werden, den Patientinnen und Patienten beim Erledigen administrativer Angelegenheiten beizustehen und Lösungen zu finden, um den Familienangehörigen Unterstützung und Entlastung zu bieten. Das Eidgenössische Departement des Inneren hat in Zusammenarbeit mit den Kantonen und den anderen Hauptakteuren die Umsetzungsplanung der Massnahmen festgelegt, die vom Konzept Seltene Krankheiten vorgesehen sind. Der Bundesrat hat dieses Konzept am 13. Mai 2015 verabschiedet.

Quelle: bag.admin.ch

Documenti:
Nationales Konzept Seltene Krankheiten 15.10.2014 (PDF)
Umsetzung 13.05.2015 (PDF)